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Deutscher Inflation droht ein Vier-Jahres-Hoch

In Deutschland sind die Verbraucherpreise im September voraussichtlich so schnell gestiegen wie seit über vier Jahren nicht mehr. Nach ersten Daten aus den Bundesländern rechneten am Freitag Experten damit, dass die Inflation auf rund 2,5 Prozent anzieht von 1,9 Prozent im August.

 

HB BERLIN. Neben einem weiteren Preisschub bei Öl und Benzin, verursacht durch den Hurrikan „Katrina“, bekamen die Verbraucher die erneute Tabaksteuererhöhung zu spüren. Auch für Bekleidung mussten sie deutlich tiefer in die Tasche greifen als im August, was Experten auf das Ende der Schlussverkäufe und den EU-Importstopp chinesischer Textilien zurückführten. „Insgesamt ist das eine faustdicke negative Überraschung“, sagte der Ökonom Lothar Hessler von HSBC Trinkaus & Burkhardt.

In Hessen erhöhte sich die Jahres-Inflation auf 2,2 von 1,6 Prozent; von August auf September stieg das Preisniveau dort um 0,3 Prozent. In Sachsen sprang die Inflation sogar auf 3,1 von 2,2 Prozent und erreichte damit den höchste Stand seit mehr als zehn Jahren. Innerhalb eines Monats verteuerte sich die Lebenshaltung dort im Schnitt um 0,6 Prozent.

Hauptgrund für die Verteuerung waren erneut die Rekordpreise für Öl. In Hessen kostete Heizöl rund 45 Prozent mehr als vor einem Jahr, Benzin und Diesel waren gut 15 Prozent teurer. Ohne Öl-Produkte betrug die Inflation dort lediglich 1,3 Prozent. In Sachsen verteuerte sich Heizöl allein von August auf September um knapp sieben Prozent und Kraftstoffe um knapp fünf Prozent. „Es sind mehrere preistreibende Faktoren dahinter, allen voran der Ölpreis“, kommentierte Stephan Rieke von der BHF-Bank: „Zudem schlägt die Tabaksteuer zu Buche.“

Überrascht zeigten sich die Experten von dem deutlichen Preisanstieg bei Bekleidung, die sich in Sachsen innerhalb eines Monats um fast sechs Prozent verteuerte. Die Statistiker führten das auf das Ende des Sommerschlussverkaufs zurück. Analysten wandten jedoch ein, dass der Preissprung trotzdem ungewöhnlich hoch ausfiel. „Möglicherweise hat das etwas mit dem China-Import-Stopp zu tun“, vermutete Hessler.

In der Europäischen Zentralbank (EZB) dürfte der Preissprung die Sorge vor einem generellen Inflationsanstieg in der Euro-Zone verstärken. „Die EZB wird die Zahlen nicht mit Freude sehen“, sagte Ralph Solveen von der Commerzbank. Dennoch sei in naher Zukunft nicht mit einer Zinserhöhung zu rechnen. „Jetzt wird erst einmal die nächste Alarmstufe aufgebaut“, sagte Rieke.

Das Statistische Bundesamt berechnet mit den Daten aus sechs Bundesländern die vorläufige Inflationsrate für Deutschland. Vor der Bekanntgabe der ersten Daten aus den Ländern hatten Experten damit gerechnet, dass die Verbraucherpreise von August auf September um 0,1 Prozent steigen werden und die Jahresteuerung gleichzeitig auf 2,3 von 1,9 Prozent zulegen wird.

 

Quelle: Handelsblatt 23. September 2005